Lettland/Rudolf Trapp: Friedensbilder in Kriegszeiten
L-Infos - Die lettische und deutsche Geschichte ist – dies ist nichts Neues – sehr eng miteinander verbunden und verflochten. Geschichte wird von Menschen gemacht und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Geschichte und die Geschichten vieler Deutschen und Letten eng miteinander verzahnt sind. Eine dieser persönlichen deutsch-lettischen Geschichten hat der Fotograf Rudolf Trapp in den Jahren 1916-1918 (und sogar noch darüber hinaus) geschrieben, oder vielleicht besser gesagt, fotografiert! Rudolf Trapp (1877-1965) stammte eigentlich aus Friedberg/Hessen, war gelernter Chemiker und sollte einmal die von seinem Vater gegründete Fabrik für Fotopapiere übernehmen. Die Geschichte hat aber etwas anderes geschrieben: Eine deutsch-lettische Geschichte!
Gehen wir aber erst einmal ein kleines Stückchen zurück – in der Geschichte Lettlands! In den Jahren 1914-1918 herrschte in ganz Europa, so auch in Lettland, das pure Chaos. Es war die Zeit des 1. Weltkrieg, der nicht nur in Europa tobte, sondern viele Länder in Mitleidenschaft zog!
Die Geschichte Lettlands ist die Geschichte einer historischen Landschaft, in der es bis zum Ende des Ersten Weltkriegs kein eigenes lettisches Staatswesen gab.
Allerdings führte ein erwachendes lettisches Nationalgefühl der von Russland und der deutschen Oberschicht dominierten Letten zu Unabhängigkeitsbewegungen. Im Jahre 1917 wurden Gebiete im Baltikum umstrukturiert: Livland trat seinen estländischen Teil an Estland ab, bekam dafür aber im Süden Kurland angegliedert.
Am Ende des Ersten Weltkrieges erklärte am 18. November 1918 der tags zuvor zusammengetretene Lettische Volksrat die Unabhängigkeit Lettlands. Es folgte der Lettische Unabhängigkeitskrieg (bis 1920). Einem gescheiterten Putschversuch der deutsch-baltischen Minderheit folgte dann eine lettische Regierung, die am 11. August 1920 im Friedensvertrag von Riga auch die Anerkennung durch Sowjetrussland erreichte.
In diesen ganzen Wirren und Verwerfungen befand sich "unser" Rudolf Trapp! Der gelernte hessische Chemiker, der sich mit seiner deutschen Einheit im Gouvernement Kurland zurecht zu finden versuchte, befand sich als Soldat im Krieg, in einem fremden Land und wahrscheinlich war es wohl auch mehr ein Kampf ums eigene Überleben.
Rudolf Trapp war ab Juli 1916 bis zum Ende des Krieges in verschiedenen Orten in Kurland stationiert, die alle in der Nähe von Mitau/Jelgava lagen - er befand sich also in der „Etappe"! Wie Carl Ehrig-Eggert, ein Enkel des Fotografen und damaligen deutschen „Lettlandsoldaten“, recherchiert hat, wurde Trapp wohl einer Fuhrpark-Kolonne zugeteilt, deren Aufgabe vor allem im Nachschub von landwirtschaftlichen Gütern für die Truppe bestand. Daher ist wohl in seinen Tagebüchern weniger von Kampfhandlungen, als von Pferden und von landwirtschaftlichen Tätigkeiten, die Rede.
Seine militärische Tätigkeit hat Trapp, dem damals wohl schon angehenden Fotografen, viel Raum und Zeit gelassen, nicht nur die Landschaft Lettlands eingehender zu studieren, sondern auch die Menschen, wie sie lebten und arbeiteten. Somit hat Trapp der Nachwelt in mehr als 350 Fotografien ein sehr realistisches Bild des damaligen lettischen Landlebens hinterlassen.
In den erhaltenen Notizbücher von Rudolf Trapp werden sehr viele Aufnahmeorte, wo die Fotografien entstanden sind, genannt, die alle in Kurland liegen, oder er stellte fest, dass er in einer sehr schönen Gegend/Landschaft Aufnahmen gemacht habe. Eine genaue Lokalisierung der verschiedenen Orte bzw. Identifizierung der aufgenommenen Personen, ist heute leider nicht mehr möglich - oder kennt jemand den hier abgebildeten Herren?
Die Negativglasplatten mit den Aufnahmen nahm Rudolf Trapp nach Ende des Krieges mit nach Hause, ins hessische Friedberg. Dort schenkte er sie nach dem Zweiten Weltkrieg einem Deutsch-Balten, der diese wiederum mit nach Finnland nahm und dort seinem Sohn vererbte, der dann seinerseits die Platten 1999 dem Stadtmuseum in Riga schenkte! Somit hat nicht nur der Lebenslauf von Trapp große Umwege gemacht, sondern auch seine Fotos.
Rudolf Trapp, der in Lettland den militärischen Rang eines "Offiziersstellvertreters", also eines Feldwebels, inne hatte und mehrmals ausgezeichnet wurde, verließ Lettland 1918.
Interessant ist, dass der Fotograf Trapp mitten im Ersten Weltkrieg überhaupt keine militärischen Motive, wie die Zerstörung von Gebäuden, Militäraufmärschen, Soldaten unisono und so weiter, fotografiert hat. Seine Fotos widmeten sich ganz der landschaftlichen Schönheit Kurlands, dessen lettischen bäuerlichen Bewohnern – was sich in einer Reihe von Porträts widerspiegelt – und deren Häuser, Felder und Dörfern. Sie geben, wie Carl Ehrig-Eggert in seiner kleinen Broschüre schreibt, daher eine heute untergegangene Welt wieder, die aber nur scheinbar friedlich war - zur Zeit der Aufnahmen von Trapp herrschte ein mörderischer Krieg in Europa. Die Fotos transportieren wohl somit eine Hoffnung, nämlich die nach Frieden!
In diesem Sinne hat der Enkel von Trapp, Carl Ehrig-Eggert, der das Büchlein liebevoll zusammengestellt hat, auch die Auswahl der Bilder unter dem Titel “Friedensbilder in Kriegszeiten" vorgenommen.
Randbemerkung!
Zwischen den beiden Fotos (oben und rechts) liegen ca. 100 Jahre!! Beide wurden von deutschen Fotografen aufgenommen - beide waren und sind wohl, auf ihre Art, in Lettland "verliebt"! Sie mochten und mögen aber beide die Landschaft, die Menschen und auf alle Fälle den Himmel mit seinen unverwechselbaren und nicht zu kopierenden Wolken Lettlands!
Anmerkung und Hinweis
In dem Büchlein "Friedensbilder zu Kriegszeiten" ist natürlich die Gesichte von Rudolf Trapp noch weitaus ausführlicher dargestellt und beschrieben. So z.B. auch die Tatsache, dass Trapp sich später ein Wochenendhaus auf der Nordseeinsel Föhr gekauft hat, deren Landschaft wohl der Kurlands ähnelt. Und auch der Himmel über Föhr mit den über ihn hinwegziehenden Wolken erinnert an den Himmel über Kurland.
"Friedensbilder in Kriegszeiten" ist ein Zeitdokument, das eigentlich auch ganz "normale" Lettlandfans und Touristen im Bücherschrank stehen haben sollten.
Es umfasst 45 Fotografien aus einer Auswahl von 350 Bildern des Fotografen Rudolf Trapp, deren Negative sich heute im „Museum für Stadtgeschichte und Seefahrt“ in Riga befinden. Rudolf Trapp war als Soldat 1916-1918 in Kurland stationiert und als Fotograf vor allem an der Schönheit der Landschaft Kurlands und an dem Leben der lettischen Landbevölkerung interessiert.
Die Broschüre, mit einer kurzen Einleitung (deutsch/lettisch) durch den Enkel von Rudolf Trapp, Carl Ehrig-Eggert, kann bei diesem zum Preis von 8,50 Euro (zuzüglich Porto) bestellt werden:
Carl Ehrig-Eggert,
Carl-Goerdeler-Str. 25,
55122 Mainz
E-mail: Eggert.am.Rhein@t-online.de
Lettlandinfos.eu hat die Bildvorlagen dankenswerter Weise von Carl Ehrig-Eggert erhalten und ein bisschen - nach den Möglichkeiten der heutigen Technik - aufgefrischt.